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Wetterphänomene

Stormquakes: Forscher enthüllen wie Stürme Erdbeben auslösen

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Starke Stürme können nicht nur ganze Landstriche verwüsten, sondern auch am Meeresgrund Erdbeben auslösen. Das entdeckte eine Arbeitsgruppe um den Erdsystemforscher Wenyuan Fan von der Florida State University durch einen Zufall: Sie nahm Erdbeben unter die Lupe, deren Wellen nur sehr niedrige Frequenzen aufwiesen.

Dafür analysierten die Forscher die Aufzeichnungen, die seismische Messnetze zwischen 2006 und Februar 2019 aus verschiedenen Meeresgebieten weltweit geliefert hatten.

Darin suchten sie in einem bestimmten Frequenzband nach Erschütterungen, um die Wechselwirkungen zwischen Ozean und Festland besser zu verstehen.

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Zusammenhang zwischen Stürmen und Beben

Zu ihrer Überraschung fanden sie mehr als 10.000 Erdbeben, die einen Zusammenhang zwischen starken Stürmen und intensiver seismischer Aktivität nahelegen.

Im Klartext: Vermutlich wurden diese Beben durch starke Stürme verursacht – und dies an nahezu allen Rändern der Kontinentalschelfe rund um den nordamerikanischen Kontinent.

Spannungen entladen sich durch ruckartige Bewegungen

Im Normalfall entstehen Erdbeben, wenn sich aneinander vorbei gleitende tektonische Platten verhaken und verkanten. Dann bauen sich an den Plattengrenzen Spannungen auf.

Wird die Scherfestigkeit der Gesteine überschritten, entladen sich die Spannungen durch ruckartige Bewegungen der Erdkruste. Auch Vulkane, Einstürze unterirdischer Hohlräume, große Erdrutsche sowie Sprengungen lassen die Erde gelegentlich erbeben.

Hurrikane und Tropenstürme als Erdbebenauslöser

Nun kommen Hurrikane und Tropenstürme als weitere Erdbebenauslöser hinzu. Sie türmen auf See riesige Wellen auf. Laufen diese auf eine Küste, überträgt sich ihre Energie in der flachen Schelfzone am besten auf den Untergrund und lassen ihn erbeben.

„Wir nennen das Sturmbeben“, erklärt Studienleiter Fan. „Während einer Sturmsaison übertragen Hurrikane oder Nor'easters in Form starker Meereswellen Energie in den Ozean. So interagieren sie mit dem festen Gestein, wobei sie seismische Aktivität hervorrufen.“

Nor’easter (eigentlich Northeaster) sind großflächige Stürme aus nordöstlichen Richtungen, die überwiegend an den Nordostküsten der USA und Kanadas auftreten.

Sturmbeben können Tage anhalten

„Die Sturmbeben sind ein ganz neu identifiziertes Phänomen“, so Fan weiter. „Wir waren uns vorher ihrer Existenz nicht bewusst, es gibt aber noch viel Unbekanntes dabei.“

Typisch für die Beben sind von Seite zu Seite rollende Oberflächenwellen (sogenannte Rayleigh-Wellen), die in jeweils 20 bis 50 Sekunden langen Paketen auftreten. Bei tektonischen Beben dagegen wird der Boden unerwartet heftig horizontal beschleunigt.

Diese Erschütterungen ebben aber rasch wieder ab. Demgegenüber können Sturmbeben mehrere Stunden bis sogar Tage anhalten, berichten Fan und seine Kollegen in ihrer Studie, die im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ erschien.

Können eine Stärke von 3,5 erreichen

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Meist sind die Sturmbeben so schwach, dass sie nur von empfindlichen Seismometern registriert werden können. Bei manchen laufen die Wellen jedoch an bestimmten Stellen zusammen.

An solchen Fokuspunkten erreichen die Erschütterungen dann Stärken von 3,5 und mehr, wie die Messdaten zeigen. Zudem sind sie saisonale Phänomene: Laut der Studie fanden sich jeweils von Mai bis August keine Signale in den Daten.

Nicht jeder Sturm verursacht Beben

Allerdings verursacht nicht jeder starke Sturm ein Beben.

So zog der Hurrikan Bill 2009 vor den Küsten von Neuengland und Nova Scotia zahlreiche Sturmbeben nach sich, ebenso die Hurrikane Ike (2008 im Golf von Mexiko) und Irene (2011 vor Florida) – nicht aber der Superhurrikan Sandy, der 2012 große Landstriche an der US-Ostküste verwüstete.

Abhängig von der Topografie des Meeresgrunds

Ebenso treten Sturmbeben in einigen Regionen bevorzugt auf, etwa vor den Küsten von Neuengland, Florida und im Golf von Mexiko. Vor Mexiko und entlang der US-Ostküste von Georgia bis New Jersey fanden sich dagegen keine Hinweise auf Beben in den Daten.

Dies hängt vermutlich mit der Topografie des Meeresgrunds zusammen.

Die Erschütterungen entstehen nur dort, wo das Wechselspiel von Meer und Untergrund die Entstehung besonders langperiodischer oder sogar stehender Ozeanwellen begünstigt, etwa an den flachen, hügelähnlichen Rücken am Rand der Kontinentalschelfe.

Insgesamt unterstreiche das neue Phänomen, dass es auch im Ozean Erdbebenquellen gebe, nicht nur in der Erdkruste, resümieren die Studienautoren.

Die Sturmbeben seien allgemeine, bislang aber übersehene Ereignisse, die mutmaßlich auch vor Westeuropa oder Westaustralien auftreten.

Neue Erkundungen über die Erde

Jetzt wollen die Forscher klären, wie jene Ozeanwellen beschaffen sind, die ihre Energie auf den Untergrund übertragen, ebenso, welche Strukturen am Meeresgrund diese Erschütterungen fokussieren.

Zugleich könnten sich die Sturmbeben auch als Werkzeug zur Erkundung der Struktur der Erde auch in solchen Gebieten erweisen, in denen Seismometer fehlen oder in denen es kaum tektonische Beben gibt.

Schließlich würden sie den Untergrund in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung durchleuchten.

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