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Darum ertrinken so viele Menschen beim Baden | Weather.com
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Gefährliche Abkühlung: Darum ertrinken so viele Menschen beim Baden

Wer direkt ins Wasser springt, ohne sich vorher abzukühlen, riskiert einen Herzstillstand.
Wer direkt ins Wasser springt, ohne sich vorher abzukühlen, riskiert einen Herzstillstand.
(GettyImages)

Je wärmer der Sommer, desto mehr Menschen ertrinken beim Baden in heimischen Seen und Flüssen. Wir zeigen, warum und wo die meisten Badeunfälle passieren und wie sie vermieden werden können.  

In Deutschland sind in den ersten sieben Monaten des bisherigen Jahres 192 Menschen ertrunken - die meisten in Seen und Flüssen. Das sind weniger Tote als im gleichen Zeitraum 2022. Dennoch geben die Rettungsschwimmer keine Entwarnung.

Vor allem an Seen und Flüssen ist die Gefahr groß. Denn die meisten tödlichen Badeunfälle (93 Prozent) gab es in der ersten Jahreshälfte in Binnengewässern: In Seen, Teichen und Flüssen starben 179 Menschen - und nicht im Meer, das aufgrund von Wellengang und Strömungen von den meisten als gefährlich eingeschätzt wird.

Warum abkühlen so wichtig ist

Die Ursachen, warum es so häufig zu tödlichen Badeunfällen kommt, sind nach der Erfahrung des Schwimmexperten Armin Wiese immer die gleichen: „Leichtsinn, Übermut und Unkenntnis über Gefahren, die es in natürlichen Gewässern gibt.“

Mit Leichtsinn meint Wiese beispielsweise das allseits bekannte Thema Abkühlen. „Wer den ganzen Tag in der Sonne brutzelt und dann mit Anlauf ins Wasser springt, riskiert schlagartig bewusstlos zu werden - und das hat nichts mit dem Alter zu tun, das ist selbst für 20-Jährige lebensgefährlich“, sagt Wiese. Beim Sprung ins kalte Nass würden sich die Gefäße zusammenziehen und das blitzartig zum Herz gepumpte Blut überlaste das Organ, was zu Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall und auch Herzversagen führen könne.

Temperaturunterschiede bis zu 20 Grad

Zu den unterschätzten Gefahren zählt er auch das sich von der Luftmatratze ins Wasser fallen lassen. „Da die Temperaturschichten in Baggerseen nach unten hin viel kälter werden, muss der Körper selbst bei diesem kleinen Fall ins Wasser mit Temperaturunterschieden von bis zu 20 Grad fertig werden.“

Die Baderegel „Abkühlen“ gebe es schon seit mehr als 100 Jahren, aber die wenigsten Menschen würden sie beachten. „Dabei reicht es schon, sich nur ein bisschen mit kalten Wasser abzufrischen“, erklärt Achim Wiese.

Warum Flüsse selbst für Leistungsschwimmer gefährlich sind

Die DLRG will keine Spaßbremse sein, „im Gegenteil, wir wollen, dass die Menschen unsere schönen Gewässer genießen“. Dazu gehöre aber auch, sich mit den Gefahren vertraut zu machen.

Unsichtbare Risiken lauern laut Wiese nicht nur in Seen in Form von Schlingpflanzen und morastigen Böden oder abrutschende Uferzonen und Steilhänge an Baggerseen. Auch das Baden in großen Flüssen wie Rhein, Donau, Weser und Elbe will gut überlegt sein. Denn in Flüssen ertranken in den vergangenen beiden Jahren die meisten Menschen. „Das sind Bundesschifffahrtsstraßen“, warnt Wiese und vergleicht das Schwimmen in großen Flüssen mit einem Spaziergang auf der Autobahn.

Gefährliche Strudel und Strömungen

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Der Rhein habe eine Fließgeschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde, das sei doppelt so schnell wie ein flotter Fußgänger. „Wir haben im Rhein Tests mit Leistungsschwimmern gemacht und waren entsetzt, dass es selbst diese Topschwimmer oft nicht schafften, aus Strömungen, Strudeln an Brückenpfeilern oder zwischen Buhnen herauszukommen“, so Wiese.

Auch die Bugwelle von vorbeifahrenden Schiffen könne zur tödlichen Gefahr werden - „da muss man auch auf seine Kinder am Ufer aufpassen, wenn das Schiff vorbei ist und die Welle dann erst kommt“.

Deutschland entwickelt sich zum Nichtschwimmerland

Apropos Kinder: Wenngleich die Altersgruppen der männlichen 16- bis 20-Jährigen sowie 76- bis 80-Jährigen laut den DLRG-Statistiken am häufigsten betroffen sind, so stellt Ertrinken bei Kindern die zweithäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen dar.

Bis zum Jahr 2022 nahm die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen konnten, stetig zu. Während Anfang der 1990er-Jahre noch 90 Prozent der zehnjährigen Grundschüler schwimmen konnten, galten im Jahr 2022 DLRG-Statistiken zufolge 37 Prozent der Grundschüler als Nichtschwimmer.

I​m vergangenen Jahr verzeichnete der DLRG eine Trendwende. Demnach seien 2023 insgesamt 94.784 Schwimmabzeichen ausgegeben worden. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr 2022 (78.716 Abzeichen). Das sei das beste Ergebnis der vergangenen fünf Jahre, teilte die DLRG mit.

Obwohl Schwimmunterricht laut Kultusministerkonferenz in der dritten und vierten Klasse vorgesehen sei, finde dieser sehr oft wegen geschlossener Schwimmbäder oder Mangels qualifizierter Lehrer nicht mehr statt. „Wir entwickeln uns zu einem Nichtschwimmerland. Das darf in einem so hoch qualifizierten Land aber nicht passieren!“

10 Tipps für sicheres Baden in Binnengewässern:

  1. Nie alleine schwimmen
  2. Nur an beaufsichtigten Gewässerstellen baden
  3. Nie dort schwimmen, wo Schiffe und Boote fahren sowie Buhnen, Schleusen, Brückenpfeiler und Wehre sind
  4. Kinder nie unbeaufsichtigt lassen, kleine Kinder müssen immer in Reichweite sein
  5. Abkühlen vor dem Gang oder Sprung ins Wasser
  6. Nur dort ins Wasser springen, wo es tief genug ist
  7. Bewachsene und sumpfige Uferzonen meiden
  8. Bei Schlammberührung durch kräftige Schwimmbewegungen nur mit den Armen aus dem Morast lösen
  9. Wer in eine Strömung gerät: Nur in Strömungsrichtung fortbewegen, auch wenn dies der längere Weg zum Ufer ist
  10. Bei Gewitter sofort das Wasser verlassen

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