Pilzsaison: Giftchampignon breitet sich massenhaft aus | Weather.com
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Pilzsaison auf Hochtouren: Giftchampignon breitet sich massenhaft aus

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Die Pilzsaison läuft auf Hochtouren und beschert Pilzberatern reichlich Arbeit. „Zurzeit ist das Wetter ideal, die Pilze mögen das: nass, nicht zu warm, auch mal ein bisschen kühler“, erklärte Sieglinde Köhler, Kreispilzberaterin im Landkreis Mittelsachsen. „Steinpilze wachsen jetzt en gros und sind kaum von Maden befallen. Weil es vorher geregnet hat, konnten Insekten sie nicht ‚anstechen‘.“ Die Monate September und Oktober seien die beste Jahreszeit für Pilze - aber nicht für alle.

Edgar Fenzlein, Pilzsachverständiger des Landkreises Leipzig, hat die Erfahrung gemacht, dass das Wachstum der Pilze auch in einer Verbindung mit den Mondphasen steht. Bei zunehmendem Mond sei es besonders gut. „Wenn es über den Vollmond hinausgeht, kann es wieder schlechter werden.“

Peter Welt, Vorsitzender der Pilzfreunde Chemnitz, will noch nicht von einem Super-Pilzjahr sprechen. Dazu müssten Pilze über einen längeren Zeitraum in dieser Menge vorhanden sein. Bestimmte Pilzarten würden nur in einem bestimmten Zeitraum wachsen. Grundsätzlich gebe es Pilze aber das ganze Jahr über. Austernseitling oder Samtfußrübling etwa seien typische Winterpilze. Was ein Pilz in der Natur zum Wachsen brauche, wisse man nicht wirklich - anders als bei einem Zuchtpilz wie den Champignon, sagte Welt.

Verwechslungsgefahr! Giftchampignon auf dem Vormarsch

In Deutschland breitet sich ein giftiger Doppelgänger des Champignons massenhaft aus. Der Karbolegerling (links) taucht jetzt scharenweise auf Wiesen, Grünstreifen und in Gärten auf. Er sieht dem Champignon (rechts) zum Verwechseln ähnlich.
In Deutschland breitet sich ein giftiger Doppelgänger des Champignons massenhaft aus. Der Karbolegerling (links) taucht jetzt scharenweise auf Wiesen, Grünstreifen und in Gärten auf. Er sieht dem Champignon (rechts) zum Verwechseln ähnlich.
(GettyImages)

Gerade bei vermeintlichen Wiesenchampignons müssen die Pilzberater häufig eingreifen und aussortieren. Denn oft verbirgt sich dahinter ein Giftchampignon, der auch Karbolegerling genannt wird. Nach den Worten von Sieglinde Köhler tauchen sie jetzt an vielen Stellen auf, wo sie früher nicht standen - zum Beispiel auf Grünstreifen und in Vorgärten. „Dieses Jahr treten sie scharenweise auf, ganze Trupps. Bei Pilzen sollte man genau hinschauen.“

Auch Fenzlein hat eine massenhafte Vermehrung von Giftchampignons ausgemacht - vor allem in Gärten und Parks. „Viele Pilze leben mit Pflanzen in einer Symbiose. Das könnte ein Grund sein.“ In seinem Garten habe sich beispielsweise Efeu breitgemacht, inzwischen würden dort auch massenhaft Karbolegerlinge wachsen. Sie hätten inzwischen vielerorts die Wiesenchampignons verdrängt: „Ich sage allen Leuten: Bitte Finger weg von Pilzen, die in zivilisationsnahen Biotopen wie Gärten und Parks wachsen.“

Symptome einer Vergiftung

Der Karbolegerling löst meist Magen-Darm-Reizungen aus. Die Vergiftungserscheinungen machen sich meist nach zwei bis vier Stunden bemerkbar. Die Symptome sind:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Durchfall
  • Bauchkrämpfe
  • Schwindel
  • Rötungen im Gesicht
  • Kribbeln im Mund

Der Karbolegerling verströmt einen typischen karbolartigen Geruch, der einem spätestens beim Kochen auffallen sollte. Er riecht nach Tinte und etwas modrig. Allerdings ist Experten zufolge gerade bei den jungen Pilzen der Karbolgeruch manchmal kaum wahrnehmbar. Ein weiteres Merkmal ist, dass der Karbolegerling bei Berührung schnell vergilbt, vor allem am Stil. Die ungiftigen Champignons dagegen verfärben sich meist nicht so schnell oder gilben gar nicht.

Falsche Rotkappe macht sich in Deutschland breit

Fenzlein geht davon aus, dass auch veränderte Umwelteinflüsse und Auswirkungen des globalen Handels auf das Pilzvorkommen in Deutschland haben. So habe sich vor allem im Norden Deutschlands ein Pilz ausgebreitet, der als „Falsche Rotkappe“ bezeichnet werde.“Das ist ein Röhrenpilz, der aus den USA und Kanada zu uns kam, vermutlich über Holztransporte. In Nordamerika kommt er an Weymouthskiefern vor.“ Der Pilz sei nicht giftig, habe aber einen säuerlichen Geschmack.

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Peter Welt verweist auf Pilzarten, die sich vom Süden kommend immer mehr in den Norden ausdehnen. „Das geschieht aber nicht explosionsartig.“ Als Beispiel nannte er den hochgiftigen Ölbaumtrichterling. Auch der Wurzelnde Bitterröhrling komme immer häufiger vor - vermutlich weil er trockenes Wetter liebe. Welt bietet auch Pilzwanderungen an. Jetzt, wo die Pilze wachsen, gebe es sehr viele Anfragen. Bei jungen Leuten halte sich das Interesse aber in Grenzen. Nachfragen gebe es oft zu Heilpilzen.

Bei Pilzschwemme gehen die Sammler auf Nummer sicher

Sieglinde Köhler sieht keine Gefahr, dass mit der derzeitigen Pilzschwemme eine zunehmende Zahl von Vergiftungen einhergeht. „Wenn es viele Pilze gibt, nehmen die Leute vor allem Röhrenpilze wie Steinpilze, Rotkappen oder Maronen und nicht die giftigen.“

Einen Wunsch haben viele Naturschützer: Dass die Leute nicht massenweise Pilze aus dem Wald schleppen, sondern lieber an die sogenannte Handstrauß-Regel denken - nur so viele mitnehmen, wie man für den persönlichen Bedarf sofort konsumieren kann. Als Faustregel gelten maximal zwei Kilogramm Pilze. Nach dem Sächsischen Waldgesetz können in besonders schweren Fällen von Verstößen Geldbußen bis 10.000 Euro fällig werden. Aus Naturschutzgebieten dürfen Pilze überhaupt nicht entnommen werden.

Übersicht der Giftnotrufnummern in Deutschland
Besteht der Verdacht einer akuten Vergiftung, sollte sofort die Giftnotrufnummer gewählt werden.
Berlin (Berlin, Brandenburg): 030 192 40
Bonn (NRW): 0228 192 40
Erfurt (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen): 0361 730 730
Freiburg (Baden-Württemberg): 0761 192 40
Göttingen (Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein): 0551 192 40
Mainz (Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland): 06131 192 40
München (Bayern): 089 192 40

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