Wann gewittert es am häufigsten? | Weather.com

Wann gewittert es am häufigsten?

Besonders in den Sommermonaten treten in Mitteleuropa häufig Gewitter auf – es blitzt und donnert und regnet mitunter in Strömen. Doch tut es das zu jeder Tageszeit gleich intensiv? Und was beeinflusst die Gewitteraktivität noch? Ein Wetterexperte klärt auf.

Gewitterwolke. In the night of 27.05.2018, after the flood disaster in Hunsrueck, we were able to intercept this isolated storm next to Koblenz (Rhineland-Palatinate).
Gewitter treten am Abend und in der Nacht seltener auf, weil die Luftschichtung dann oft stabiler ist.
(GettyImages)

Auf dem Heimweg von der Arbeit von einem Gewitter überrascht werden – das haben hierzulande vermutlich schon mehr Menschen erlebt, als von Blitz und Donner geweckt zu werden. Und das hat auch einen Grund: „Schaut man sich die tageszeitliche Verteilung von Gewittern an, so erkennt man ein Maximum zwischen 15 und 17 Uhr“, erklärt Nico Bauer, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD).

Gewitter abends häufiger als nachts

Vor allem im Frühjahr und Sommer heize sich die Luft am Boden durch die Sonne stark auf. Das mache die untere Luftschicht instabil – warme Luft steigt auf und kühlt ab, bis es zur Kondensation kommt. Aus den so entstandenen Wassertröpfchen bilden sich Wolken. „Ist die Schichtung der Luft darüber nicht stabil, können sich auch hochreichende, mächtige Gewitterwolken ausbilden. Die Atmosphäre wird also bis zum Nachmittag zunehmend labilisiert“, sagt Bauer.

Nachts liege dagegen häufig eine stabile Schichtung vor – das bedeutet: Die Temperatur in Erdbodennähe ist geringer als die in höheren Luftschichten. Deswegen seien Gewitter in der Nacht auch seltener als am Nachmittag und in den frühen Abendstunden.

Bei jedem Gewitter Schutz suchen

„Nachmittags und abends treten vor allem die klassischen Wärmegewitter, sogenannte Tages- oder Einzelzellengewitter, auf“, so der DWD-Experte. Diese einfachste und kleinste Form von Gewittern dauert meist nicht länger 30 bis 60 Minuten hat und nur wenige Kilometer Durchmesser.

Duch ihre Kurzlebigkeit seien Tagesgewitter meist weniger schadensträchtig als organisierte Gewittersysteme, die mit großem Hagel, Sturm oder Orkanböen einhergehen können und am häufigsten abends auftreten. „Multizellengewitter bringen häufig heftigen, länger anhaltenden Starkregen und Sturmböen mit sich. Sehr gefährlich sind Gewitterzellen mit rotierenden Wolken, sogenannte Superzellen. Sie können großen Hagel, heftigen Starkregen, Blitzschlag, Orkanböen und in manchen Fällen auch Tornados bedeuten“, erklärt Bauer.

Ein auch für Laien erkennbares Anzeichen für nahenden Sturm oder Hagel sei zum Beispiel eine vorgelagerte Wolkenwand, auch genannt Shelf Cloud. In den Morgenstunden auftretende sogenannte Altocumulus-Castellanus-Wolken seien ein weiteres Anzeichen für im Tagesverlauf mögliche schwere Gewitter. „Aber auch andere Gewitterarten sind bei einem Aufenthalt im Freien schon allein aufgrund der Blitzschlaggefahr lebensgefährlich. Daher sollte man bei Gewittern grundsätzlich einen geschlossenen Raum aufsuchen“, rät Bauer.

Mehr Blitz und Donner in den Bergen

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In Deutschland gibt es Regionen, in denen Gewitter besonders oft und intensiv vorkommen. Das betrifft Bauer zufolge vor allem Gebiete, die sich im Umfeld der Mittelgebirge oder der Alpen befinden – beispielsweise das bayerische Alpenvorland oder die Region nördlich der Schwäbischen Alb.

Kommen hohe Temperaturen, feuchte Luftmassen und ein etwa durch Berge bedingtes Aufsteigen der Luft zusammen, können besonders starke Gewitter entstehen. „Nach Norden hin nimmt die Gewitteraktivität dagegen deutlich ab. Über der Nordsee treten Gewitter im Sommerhalbjahr seltener auf“, berichtet der Meteorologe.

Klimawandel verstärkt Gewittervorkommen

Und welche Rolle spielt der Klimawandel in Bezug auf Gewitter in Deutschland? Er führt laut Bauer dazu, dass mehr Energie in der Atmosphäre vorhanden ist. Dadurch steige das Potenzial für schwere Gewitter an. „Je höher die Temperatur und je feuchter die Luftmasse, desto höher ist deren Energiegehalt. In der Meteorologie betrachten wir dabei immer das sogenannte ‚Cape‘, die potenziell verfügbare Energie“, erläutert der DWD-Experte. Das Cape berücksichtige die Feuchte und Temperatur in verschiedenen Schichten der Atmosphäre.

Je stärker die Winde in der Höhe sind, desto schneller bewegen sich auch die Gewitter. „Da im Mittel aber eine Abnahme der Verlagerungsgeschwindigkeit von Gewittern beobachtet wurde, verweilen diese Gewitter länger über einem bestimmten Ort. Dadurch fällt örtlich nochmals mehr Niederschlag“, erklärt Bauer. Auch Studien weisen darauf hin, dass Wetterlagen, die ein erhöhtes Gewitterpotenzial mit sich bringen, länger an einem Ort bleiben. Dies ist aber nicht überall der Fall. Ist ein Ort jedoch betroffen, steigt die Gefahr für Starkregen und Sturzfluten – wobei für letztere noch viele andere Faktoren wie etwa Topografie und Bodensättigung hinzukommen.

Jetstream beeinflusst Gewitteraktivität

Dass Gewitter länger an einem Ort verharren, hat auch mit der Abschwächung des Jetstreams zu tun. Dieses starke Windband in acht bis zwölf Kilometern Höhe treibt Wetterlagen in Europa an und steuert sie. Weil sich die Arktis durch den Klimawandel schneller erwärmt als die Tropen und folglich der Temperaturunterschied – der „Motor“ des Jetstreams – zwischen Äquator und Pol abnimmt, wird auch der Jetstream schwächer und schlängelt sich mehr.

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