Zerstörerisch: Warum die rechte Seite von Hurrikanen so gefährlich ist

Auf Satellitenbildern wirken starke Wirbelstürme symmetrisch. Doch die Auswirkungen beim Landfall schwanken stark. Meteorologen werfen immer einen besonderen Blick auf die sogenannte dreckige Seite, wo die Winde bis zu 50 Prozent stärker ausfallen können.

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Sie bleiben nach wie vor unberechenbar und sind immer wieder für eine böse Überraschung gut. Auch wenn sich die Berechnungsmodelle für Hurrikane stetig verbessern, sind sie für Meteorologen immer noch schwer vorherzusagen. Denn Wirbelstürme drehen mitunter plötzlich ab und ändern kurzfristig ihre Zugbahn. Manchmal entwickeln sie sich auch explosionsartig wie jüngst Hurrikan Erin. Der erste Wirbelsturm der Atlantischen Hurrikansaison 2025 hat sich bereits einen Eintrag in die Geschichtsbücher gesichert.

Rekord-Hurrikan Erin überraschte selbst erfahrere Meteorologen

Am Freitag, den 15. August, zog Erin noch als Hurrikan der Kategorie 1 über den Atlantik. Die Windgeschwindigkeiten erreichten 120 km/h. Nur knapp 24 Stunden später hatte sich der Wirbelsturm zur höchsten Kategorie 5 entwickelt (257 km/h). Seit Beginn der Aufzeichnungen hat sich kein anderer atlantischer Hurrikan im Monat August so schnell und so stark entwickelt. Selbst erfahrene Meteorologen waren überrascht.

Bei der sogenannten rapiden Intensivierung nehmen die Windgeschwindigkeiten eines Hurrikans binnen 24 Stunden um mindestens 56 km/h zu. Dieses Phänomen tritt eher bei Wirbelstürmen auf, die sich später in der Saison bilden, meist ab September.

Sturzfluten und lebensgefährliche Brandungswellen

Zwischenzeitlich hat sich Erin zur Kategorie 3 (205 km/h) abgeschwächt. Für die Karibik und entlang der Ostküste der USA wurde eine Warnung vor drohenden Sturzfluten, Erdrutschen und lebensgefährlichen Brandungswellen ausgerufen.

Satellitenbild zeigt den Major Hurricane Erin. Das Bild wurde am Montag, 18. August um 14 Uhr aufgenommen und zeigt, wie der Wirbelsturm in der Karibik Richtung Bahamas zieht, vorbei an Puerto Rico und der Dominikanischen Republik und Haiti. Foto: NOAA
Satellitenbild zeigt den Major Hurricane Erin. Das Bild wurde am Montag, 18. August um 14 Uhr aufgenommen und zeigt, wie der Wirbelsturm in der Karibik Richtung Bahamas zieht, vorbei an Puerto Rico und der Dominikanischen Republik und Haiti. Foto: NOAA
(NOAA)

Hurrikan Erin wird voraussichtlich nicht auf Land treffen, sondern entlang der Ostküste von Nordamerika über den Atlantik Richtung Europa ziehen.

Was ist die gefährliche Seite von Hurrikanen?

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Die komplexen Vorgänge innerhalb des Hurrikans selbst, der sich aus einem rotierenden Gewittersystem zusammensetzt, das ständig in Bewegung ist, und seiner Wechselwirkung mit der Atmosphäre machen die Vorhersagen für Meteorologen so herausfordernd. So können zum Beispiel auch großräumige Hoch- oder Tiefdrucksysteme die Geschwindigkeit und die Zugbahn von Wirbelstürmen beeinflussen.

Auf der Nordhalbkugel gilt die rechte Seite von Hurrikanen gefährlich. Hier sind die Winde bis zu 50 Prozent stärker.
Auf der Nordhalbkugel gilt die rechte Seite von Hurrikanen gefährlich. Hier sind die Winde bis zu 50 Prozent stärker.

Bei der Vorhersage ist für Meteorologen vor allem die Zugrichtung des Hurrikans wichtig. Denn sie gibt Aufschluss darüber, wo die Gefahr für Menschen am höchsten sein wird. Für die Gefahrenermittlung werden Wirbelstürme dafür in vier Quadranten aufgeteilt, die immer relativ zur Bewegungsrichtung sind.

Auf der Nordhalbkugel ist meist die rechte Seite des Hurrikans die gefährliche, weil sie die größte Zerstörungswut entwickelt. Bei nordwärts ziehenden Wirbelstürmen treten im rechten oberen Quadranten die stärksten Winde auf: „Die Winde fallen auf dieser ‘dreckigen’ Seite bis zu 50 Prozent stärker aus als auf der linken ‘sauberen’ Seite”, sagte Robert Rogers, Meteorologe der US- Wetter- und Klimabehörde NOAA im Interview mit der BBC. Das gelte besonders dann, wenn ein Hurrikan sich schnell fortbewege, etwa bei einer Zuggeschwindigkeit zwischen 24 und 32 km/h.

Tornado- und Flutgefahr steigt

Die stärkeren Winde beschwören noch andere Gefahren herauf. So ist auf der rechten Seite nicht nur die Tornadogefahr am höchsten, auch Sturmfluten fallen besonders stark aus, weil mehr Wasser mitgeführt wird. Die heftigen Winde schaufeln das Wasser regelrecht gegen Land. Meterhohe Sturmfluten sind dann die Folge. Wie Meteorologe Rogers erklärte, würde zudem das Windfeld auf der „dreckigen“ Seite häufig eine größere Fläche abdecken, weshalb sich auch die Wetterbedingungen viel schneller verschlechtern würden als auf der linken „sauberen“ Seite des Hurrikans.

Auf der Südhalbkugel verhält es sich genau andersherum. Aufgrund der Corioliskraft drehen sich Tiefdruckgebiete und folglich auch Stürme auf der Südhalbkugel im Uhrzeigersinn und auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn. Deshalb gilt auf der Südhalbkugel die linke Seite von Hurrikanen als die gefährliche.

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