Stilles Ertrinken: Gefahr für Kinder im Wasser | Weather.com

Gefahren im Wasser: Ertrinkende gehen oft lautlos unter

Stilles Ertrinken ist die häufigste Todesursache im Wasser – Experten schlagen Alarm

Ein Motorboot der DLRG fährt über einen Fluss bei der Übung.  Foto: Christoph Reichwein/dpa 
Stilles Ertrinken ist die häufigste Form tödlicher Badeunfälle. Kinder sind dabei besonders gefährdet.
(Christoph Reichwein/dpa  )

Dass der kleine Junge völlig bewegungslos im Wasser getrieben ist, ist Sophie irgendwie seltsam vorgekommen. Die damals Elfjährige zögerte nicht lange, schwamm zu dem Kind, packte es am Arm und zog es an das Ufer des Kölner Sees. Ihre Mutter alarmierte derweil den Rettungsdienst. Der Vierjährige überlebte den Unfall unversehrt. 

Vier Jahre ist das jetzt her. An einem ähnlich heißen Tag steht die inzwischen 15-jährige Sophie wieder am Ufer des Fühlinger Sees. Heute ist sie zusammen mit Journalisten bei einer Übung von DLRG und Feuerwehr dabei. Denn mit Beginn der Badesaison steigt auch wieder das Risiko von Badeunfällen.

Eltern sollten ihr Kind im Wasser nie aus den Augen lassen

Im vergangenen Jahr starben nach DLRG-Angaben bundesweit 411 Menschen bei Badeunfällen, in NRW waren es mindestens 57. Auch in diesem Jahr gab es schon mehrere Fälle. Am vergangenen Wochenende etwa ertrank in Köln ein dreijähriger Junge in einem Strandbad, ein anderes Kleinkind wurde aus einem Pool gerettet - sein Zustand ist laut Feuerwehr lebensbedrohlich. In Leverkusen wurde ein Mann tot aus einem See geborgen. 

Das "stille Ertrinken" sei der häufigste Bade-Notfall, sagt Marco Strohm, Leitender Notarzt der Feuerwehr Köln. "Plötzlich tritt eine Erschöpfung ein, der Kreislauf versagt und man geht lautlos unter." Kleine Kinder könnten innerhalb kürzester Zeit auch im Planschbecken ertrinken. "Eltern dürfen ihr Kind im Wasser wirklich keine Sekunde aus den Augen lassen." 

In Seen sind die Temperaturunterschiede gefährlich

Bei Erwachsenen sei oft Selbstüberschätzung der Grund für einen Badeunfall. Auch Angetrunkene setzen sich einem erhöhten Risiko aus. Wer merke, dass ihn die Kräfte verlassen, solle durch Rufen und Winken auf sich aufmerksam machen und sich ansonsten möglichst wenig bewegen, sagt Strohm. 

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Menschen sollten nur an bewachten Badestellen und nicht allein schwimmen gehen, rät die DLRG. In Seen seien vor allem die großen Temperaturunterschiede gefährlich, weil sie zu Kreislaufversagen führen könnten, erklärt Kian Shahbodaghi, Sprecher der DLRG Köln. "Oben ist es warm, nach unten hin wird es immer kälter."

Wenn jemand untergegangen ist, rennt die Zeit

Im Rhein ist es die Strömung, gegen die auch gute Schwimmer nicht ankommen: Trotz Badeverbot werden die Retter dort immer wieder zu Einsätzen gerufen - und können oft nicht helfen, weil ein Vermisster nicht gefunden wird.

Nach Angaben der DLRG ist die Zahl der Menschen, die schwimmen können, in Deutschland rückläufig. Wesentlicher Grund dafür sei, dass Kommunen Bäder schließen und dass in Schulen nicht ausreichend Schwimmunterricht angeboten werden könne. 

"Sobald jemand im Wasser untergegangen ist, rennt die Zeit", sagt Strohm. "Wenn eine Person länger als sechs Minuten unter Wasser ist, steigt mit jeder Minute die Wahrscheinlichkeit, dass sie bleibende Schäden davonträgt."

Erste Hilfe ist lebenswichtig

Deshalb sei es lebenswichtig, sofort Erste Hilfe zu leisten, mahnt der Notarzt. "Wir leiten Helfer am Telefon auch bei der Herzdruckmassage an, damit sie überbrücken können, bis der Rettungsdienst da ist."

Sophie rettete mit ihrem beherzten Handeln dem kleinen Jungen 2021 das Leben. "Ich habe danach noch öfter davon geträumt, das war schon heftig", sagt die 15-Jährige. Aber sie würde es jederzeit wieder tun. Und demnächst möchte sie ein Praktikum beim Rettungsdienst machen.

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